Juni 2020

INFORMATION
16.06.2020 Koordination BiP – PFAD Bundesverband der Adoptiv- und Pflegefamilien e.V.

 

Bundesinteressengemeinschaft der Pflegefamilienverbände (BiP)
gegründet
Gemeinsames Sprachrohr für die Belange von Pflege- und Adoptivkindern und ihren Familien
In Oberhausen ist die Bundesinteressengemeinschaft der Pflegefamilienverbände (BiP) gegründet worden. Initiatoren sind der PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V., der  Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. und die AGENDA Pflegefamilien.
Die BiP ist ein gemeinsames Sprachrohr, um sich auf politischer und fachlicher Ebene mit der geballten Kraft der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände bundesweit für die Belange der Pflege- und Adoptivkinder und ihrer Familien einzusetzen.
Die BiP tritt damit die Nachfolge des „Runden Tisches der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände“ an, der seit 2012 bestand. Sie versteht sich als Weiterentwicklung dieser Initiative und baut auf der gemeinsam geleisteten Arbeit auf. Zu dieser zählen etwa Positionspapiere zur Weiterentwicklung der
Pflegekinderhilfe oder gemeinsame Auftritte beim Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag.
Grundsätzlich steht die BiP Ergänzungen und Expertisen von Organisationen oder Einzelpersonen offen gegenüber. Weitere Teilnehmer wie Bildungseinrichtungen, Gremien, Organisationen oder Einzelpersonen, die sich auf Bundesebene für Pflege- und Adoptivkinder einsetzen, sollen bei Bedarf in künftige Treffen einbezogen werden. Aktuell wird die Teilnahme am Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag 2021 vorbereitet.

 

Pressemitteilung
Über den PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.:
Der PFAD Bundesverband vertritt die Interessen, Wünsche und Probleme von Pflege- und Adoptivkindern und ihren Familien überregional. PFAD vertritt die Interessen von Pflege- und Adoptivkindern und deren Eltern in Gesetzgebungsverfahren, im Rahmen einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen, auf dem Gebiet der Verbesserung und
Absicherung der rechtlichen Positionen von Pflegefamilien sowie bei der sozialen Absicherung von Pflegepersonen.
PFAD sucht die Auseinandersetzung über qualifizierte Standards in den Bereichen Adoption und familiäre Hilfen zur Erziehung auf ministerieller und parlamentarischer Ebene sowie in Form intensiver Öffentlichkeits- und Beratungsarbeit.
PFAD setzt sich ein für eine fachlich kompetente Begleitung von Pflege- und Adoptivfamilien durch die Jugendhilfe, den Ausbau und die kontinuierliche Unterstützung durch Pflegeelternschulungen und Adoptivelternseminare sowie Vorbereitungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in allen Bundesländern.

www.pfad-bv.de

 

Über den Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V.:
Der Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. (BbP) ist eine Selbsthilfevereinigung von Pflegeeltern, die sich für Pflegekinder mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen engagieren. Er wurde 1983 gegründet und vertritt bundesweit mehr als 550 Familien mit über 1.000 Pflegekindern.
Zentrales Anliegen ist die Vermittlungshilfe von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in Pflegefamilien. Nach der UN-Behindertenrechts-konvention hat jedes Kind das Recht, in einer Familie aufzuwachsen. Der BbP ist als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt und vertritt die Interessen behinderter Pflegekinder und ihrer Pflegeeltern auch im politischen, sozialrechtlichen und gesellschaftlichen Bereich.
www.bbpflegekinder.de

 

Über die AGENDA Pflegefamilien:
Die AGENDA Pflegefamilien ist ein Zusammenschluss von Landesorganisationen der Pflege- und Adoptivfamilien und engagierter Einzelpersonen.
Ganz bewusst will sie keine neue Verbandsstruktur gründen, sondern sich gemeinsam auf den Weg zur Verbesserung des Pflegekinderwesens machen. Dazu ist sie bundespolitisch und im Rahmen von Netzwerken tätig.

www.agendapflegefamilien.de

 

BiP-Pressekontakt:
Dr. Carmen Thiele,
carmen.thiele@pfad-bv.de, Tel. 030 9487 9423

 

 

 

 

 

April 2017

Keine Rechte für Pflegekinder mit Behinderung

Aufruf zu einer Demonstration in Berlin

 

Brief des Vorstandes  des Bundesverbandes  behinderter Pflegekinder

An unsere Wegbegleiter, Mitstreiter, Freunde und Unterstützer!
Anlässlich des Referentenentwurfes zum SGB VIII, den jüngst verabschiedeten Gesetzesänderungen z.B. im SGB IX und anderen gesetzlichen Nichtregelungen für Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien, haben wir uns zu einem sehr besonderen Schritt
entschlossen. Ausschlaggebend für die endgültige Entscheidung des Vorhabens waren die Gespräche und Resonanzen auf dem 16. DJHT in Düsseldorf. Gemäß dem inklusiven Gedanken waren wir lange Zeit bemüht, „unsere“ Kinder nicht wiederholt in den
Vordergrund zu stellen. Alle Pflegekinder haben besondere Bedürfnisse! Nun wird es nach 10 Jahren jedoch Zeit, erneut laut und deutlich zu sagen: „Wir brauchen eine Regelung!“ Im
Mai liegt die Bundesfachtagung „Türen öffnen“ an den Rheinterrassen 10 Jahre zurück. Zehn Jahre später sind wir von einer inklusiven Pflegekinderhilfe weiter entfernt denn je.
Tatsächlich dreht sich die Spirale weiter nach unten. Mangelnde Übergangsparagraphen, keine Kontinuitätssicherung, keine Rechtssicherheit, „unsere“ Kinder finden ihre Pflegefamilien zufällig und nicht gesetzlich beansprucht, keine Rahmen-bedingungen für Pflegefamilien mit Kindern mit Behinderung und vieles mehr. Wir wurden nun mehrfach
ermutigt, für diese Kinder laut und deutlich zu werden. Unser Thema muss in die Koalitionsverhandlungen, es bedarf Übergangsregelungen, die bis zur inklusiven Lösung
bestand haben.

 

Nach Gesprächen mit einigen unseren Mitstreitern und begleitenden Verbänden werden wir am 20. Juni 2017 eine Demonstration in Berlin anstreben, die unter dem Motto: „Wie
behindert ist das denn?!“ öffentlichkeitswirksam einen „Weckruf“ auslösen soll. Es geht hierbei nicht um mittelfristige oder gar langfristige gesetzliche Lösungen, sondern um „Erste
Hilfe“. Wir möchten das Bewusstsein für „unsere“ Kinder im Bundestag erweitern, oder vielleicht bei dem ein oder anderen Politiker erst wecken. Wir möchten unsere Anliegen
unmissverständlich in der nächsten Legislaturperiode sehen.
In den Gesprächen wurde deutlich, dass eine solche Demo von Betroffenen ausgehen muss.
Der Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. ist auf Bundesebene einzigartig in seiner Aufgaben- und Hilfestellung als Selbsthilfeorganisation. Uns wurde von vertrauten Verbänden sowie Trägern der Jugendhilfe in den ersten Gesprächen umfangreiche Unterstützung zugesagt. Jeder Verband, jede Organisation, jede Einzelperson und / oder Gruppe kann und darf den Weg dieser Kinder unterstützen. Wir brauchen aktive Helfer,
Support, Spenden und Paten für diese Veranstaltung.

 

Ein paar Eckdaten und Erklärungen:
Wir bitten jeden Empfänger dieser Mail, uns bis Freitag, dem 7. April 2017 mitzuteilen, ob er unser Anliegen als Pate begleitet und somit Teil einer Unterstützerliste wird, der ebenfalls
diesen Handlungsbedarf sieht, oder ob er Supporter und somit aktiv da sein wird, mit Werbung vorab und Organisation in den eigenen Reihen. Selbstverständlich freuen wir uns auch über alle, die sich auch später noch entschließen, unser Anliegen zu unterstützen.

 

Aktive Helfer, die den BbP direkt unterstützen wollen (Ordner vor Ort etc.), melden sich bitte in der Geschäftsstelle. Hierzu wird dann eine Arbeitsgruppe, z.B. über die sozialen Netzwerke, gegründet. Wir würden uns sehr über Spenden, die eine Umsetzung einer solchen Veranstaltung erleichtern, freuen. Der Vorstand des BbP wird die Demonstration am 7. April beim Polizeipräsidenten in Berlin anmelden.

Der Tag nach der Careleaver-Tagung schien uns ein passendes Datum zu sein. Viele themeninteressierte Menschen könnten ihren Berlinaufenthalt einen Tag verlängern und an der Demo teilnehmen. Außerdem sehen wir in dem Anschluss an der Tagung eine ideelle Verbindung, die wir zu der Gruppe der Careleaver in gesetzlichen Prozessen sehr schätzen und pflegen.
In der Woche sind noch keine Sommerferien und der Bundestag hat einen vollen Sitzungskalender.

Veranstaltungsdatum: 20. Juni 2017

Uhrzeit: 14 Uhr - hier können wir noch gemeinsam überlegen welche Uhrzeit sinnvoll ist.
Ort: Berlin Brandenburger Tor / Pariser Platz
(Ursprünglich war die Idee, vom Familienministerium zum Ministerium für Arbeit und Soziales zu laufen und von dort über den Pariser Platz zum Platz der Republik Durch Bannmeilen und Baustellen müssen wir davon absehen. Dennoch werden wir freundlich anfragen, ob wir die Bannmeile zum Platz der Republik passieren dürfen mit einer Ausnahmegenehmigung.)

 

3 Forderungen zur „Ersten Hilfe“ einfach formuliert:
I. Sofortige Bemühungen und zeitnahe Realisierung einer gesetzlichen Übergangslösung zur Unterbringung von Kindern mit Behinderung in Pflegefamilien!

Derzeit ist es dem Zufall überlassen, ob ein Kind mit Behinderung, welches nicht in seiner Herkunftsfamilie leben kann, in einer Pflegefamilie aufwachsen darf. Der jüngste Entwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat zum widerholten Male „unseren“ Kindern keinerlei Beachtung geschenkt. Die Übergangsregelung muss bis zum Eintritt
der inklusiven Lösung bestand haben.
II. Bedarfsgerechte Ausstattung und Beratung für Pflegefamilien!

Die Ausstattung und Hilfe, die eine Pflegefamilie eines Kindes mit Behinderung erhält, ist nirgendwo geregelt. Zuständigkeitswechsel führen immer wieder zu Verlust von
Leistungen, die zuvor für jeden Einzelfall hart erkämpft werden mussten. Beratung und Weiterbildung werden häufig gar nicht erst installiert.
III. Kontinuitätssicherung auch über das 18. Lebensjahr hinaus! Keines der Pflegekinder ist mit dem 18. Lebensjahr erwachsen und verselbständigt. Der jüngste Gesetzesentwurf sieht keine Hilfen für Kinder mit Behinderung im jungen Erwachsenenalter vor. Notlösungen wie Gastfamilien sind ein Hohn, da Kinder, die in ihrer Pflegefamilie aufgewachsen sind, nicht zu Gast sind in ihrem
Zuhause!

 

Die Ausformulierungen, welche sich später auf den Rückseiten der Sloganhandzettel befinden sollen, werden in einer kleinen Arbeitsgruppe erfolgen. Der BbP hat vor vielen Jahren bei einer Ausstellung der Aktion Mensch einen „erste Hilfe“ Schrank erhalten und für die Ausstellung von Innen ausgestaltet. Diesen Schrank nehmen wir nun viele Jahre später und werden ihn neu gestalten. Er wird unsere Forderungen nach gesetzlicher „Erster Hilfe“ und die Liste der Unterzeichner erhalten. Dieser Schrank wird als Symbol an die Politik überreicht.
Einige von uns sind bis zum 21. Juni 2017 in Berlin und wären zu Gesprächen (Mittwochs kein Sitzungstag) mit Politikern vor Ort.

 

Der Vorstand

des Bundesverbandes

behinderter Pflegekinder

 

 

 

 

Februar 2017

Pflegekinder in Deutschland - Forderungen an Politiker, öffentliche und freie Träger

In Deutschland leben fast 84.000 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien.

 

Nachweislich ist die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien eine der langfristig wirtschaftlichen und erfolgreichsten Hilfen zur Erziehung.

 

Dennoch zeichnet sich das Pflegekinderwesen in Deutschland durch unterschiedliche landesrechtliche Regelungen und regional große Unterschiede in seiner Fachlichkeit und praktischen Umsetzung aus.

 

Wenn das Pflegekinderwesen als nicht verzichtbare Hilfe zur Erziehung langfristig Bestand haben soll, sind Verbesserungen der gesetzlichen Grundlagen und der  Rahmenbedingungen der Pflegekinderhilfe dringend erforderlich.

 

 

 

Wir Pflegefamilienverbände erwarten im Interesse der Pflegekinder, dass folgende Missstände geändert werden.

 

·     Landesjugendämter haben hervorragende Qualitätsstandards für die Pflegekinderarbeit entwickelt. Da diese Standards nur Empfehlungen sind, haben sie keinen verpflichtenden Charakter gegenüber den kommunalen Jugendhilfeträgern.

 

·     Die Unterbringung von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien ist derzeit gesetzlich nicht klar geregelt. Bisher schieben sich die Eingliederungshilfe und die Jugendhilfe gegenseitig die Verantwortung zu und sie kommunizieren nicht miteinander.

 

·     Durch die derzeitigen gesetzlichen Regelungen ist keine Kontinuität der Ausstattung, Beratung und Betreuung gesichert. Pflegeverhältnisse und die Hilfepläne werden durch Wechsel der Zuständigkeiten wiederholt in frage gestellt.

 

·     Die Hilfe zur Erziehung endet oft rigoros mit dem 18. Lebensjahr. Im SGB VIII ist geregelt, dass für junge Volljährige der Verbleib in der Pflegefamilie auch bis zum 21. Lebensjahr gewährt werden kann. Anträge werden häufig abgelehnt.

 

·     Durch fehlende gesetzliche Grundlagen im Familienrecht besteht eine fortdauernde rechtliche Unsicherheit hinsichtlich eines Verbleibs des Kindes in der Pflegefamilie. Das Kind muss jederzeit und wiederholt eine Herausnahme befürchten.

 

·      Bei gerichtlichen Verfahren zu Umgangskontakten und Rückkehrwünschen der Herkunftseltern des Pflegekindes, können Pflegeeltern nur dann daran teilnehmen, wenn das Gericht sie als Beteiligte hinzuzieht.

 

·      Bei familiengerichtlichen Verfahren zu Umgang oder Herausgabe, die Kinder mit Behinderungen betreffen, fehlt häufig die fachliche Expertise zur Entscheidungsfindung.

 

·      Das gesetzlich mögliche Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 SGB VIII für Beratung und Betreuung wird Pflegeeltern verweigert.

 

Wir Pflegefamilienverbände fordern:

 

1.       die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder

 

2.       bundeseinheitliche Mindeststandards in der Pflegekinderhilfe

 

·     Verpflichtende Einrichtung eines Spezialdienstes für Pflegekinder mit maximaler Fallzahl von 25 Pflegekindern pro Vollbeschäftigten    

 

·     verpflichtende Fort- und Weiterbildung der FachberaterInnen

 

·     schriftlich festgelegte Qualitätsstandards für die Vorbereitungs-, Vermittlungs- und Beratungstätigkeit

 

·     alle öffentlichen Träger müssen auch Pflegestellen nach § 33 Satz 2 vorhalten.

 

·     Fallführung im SGB VIII für Kinder mit Behinderung in Eingliederungshilfe

 

3.       Umsetzung bundeseinheitliche Mindestausstattung der Pflegefamilien

 

·     umfassende Beratung über die rechtlichen und finanziellen Ansprüche der Pflegefamilie

 

·     umfassende Beratung zu pädagogischen und therapeutischen Themen

 

·     Supervisions- und Fortbildungsanspruch

 

·     Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2017 (bzw. des jeweiligen aktuellen Jahres)  als Mindestleistung

 

·     für Kinder mit besonderen Beeinträchtigungen erhöhte Aufwandsentschädigung

 

·     differenzierte Angebote zur Entlastung der Pflegeeltern unter Beachtung von vorrangigen Leistungsträgern

 

·     Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen für Selbstzahler (Pflegeeltern)

 

·     Übernahme der anteiligen Kosten einer angemessenen Alterssicherung pro Pflegekind

 

4.       Stärkung der Kompetenz des Fachdienstes, der Pflegekind und die Pflegefamilie betreut.

 

Verwaltungsmäßiger Wechsel der Zuständigkeit darf nicht zu Lasten des Pflegekindes und der Pflegefamilie führen.

 

5.       Die Verlängerung der Hilfemaßnahme in der Pflegefamilie mindestens bis zum 21. Lebensjahr.

 

6.       Änderung des BGB

 

·     Sicherung von Beziehungskontinuität durch Einführung einer zivilrechtlichen Absicherung (analog zum § 37 SGB VIII) der auf Dauer angelegten Lebensperspektive.

 

·     Der Verbleib eines Kindes in einer Pflegefamilie ist gegen wiederkehrendes Herausnahmeverlangen abzusichern.

 

·     Pflegekinder dürfen bei Gerichtsentscheidungen zu Umgangskontakten nicht länger mit Scheidungskindern verglichen werden. (ergebnisoffene Prüfung im Einzelfall)

 

·     Fortbildung für Richter zu den Themen, die Pflegekinder betreffen, wie Bindung und Trauma.

 

·     Beteiligtenstatus für Pflegeeltern in allen familienrechtlichen Verfahren, die ihre Pflegekinder betreffen.

 

7.       Abstimmung der unterschiedlichen Sozialleistungsressorts

Gesetzliche Regelungen in den Sozialgesetzbüchern dürfen

einander nicht wiedersprechen.

 

8.       Wunsch- und Wahlrecht von Pflegeeltern nach § 5 SGB VIII

 

Pflegeeltern müssen die Möglichkeit haben zu wählen. Das setzt voraus, dass mehrere Angebote vorhanden sind.

 

 

Pflegefamilien sind eine sehr kindorientierte Hilfe.

 

Damit sich auch in Zukunft Familien finden, die diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen, brauchen wir auf allen Ebenen ein Engagement, das den Kindern ein glückliches und erfolgreiches Erwachsenwerden ermöglicht.

 

 (von Februar 2017)

 

 

 

 

 14.11.2016

 

 

 

Weiterentwicklung der Pflegekinderhilfe aus der Sicht der Pflegefamilienverbände

 

Einleitung
Die bundesweit sehr unterschiedliche Ausgestaltung von erzieherischen Hilfen ist seit langem bekannt. Insbesondere der Bereich der Vollzeitpflege ist davon stark betroffen. Das bezieht sich nicht nur auf die materielle Ausstattung der Hilfen, sondern auch auf die Qualität in der Vorbereitung und Begleitung der Pflegefamilien. Das Dialogforum Pflegekinderhilfe, in dem auch der Runde Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände vertreten ist, beschäftigte sich intensiv mit vielen Fragestellungen im Kontext von Pflegekindern und ihren Familien.
An das BMFSFJ1 gibt es aber noch andere Forderungen: „Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe sollen keine Leistungserweiterung und keine damit verbundene Kostenerhöhung einhergehen.“ Aber Qualitätsentwicklung zum Null-Tarif kann nicht gelingen.
Aktuell gibt es eine Vielzahl von Stellungnahmen zu Reformmöglichkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe. Es zeichnet sich ab, dass die im Spätsommer diskutierten Arbeitsentwürfe eine umfassende Überarbeitung erfahren werden.
Die Verbände der Adoptiv- und Pflegefamilien setzen sich für eine Weiterentwicklung der Qualität in der Pflegekinderhilfe ein. In dieser Legislaturperiode sehen wir durchaus realisierbare Reformen. Folgende Themen gehören u.E. dazu:

 

Ombudsstellen (§ 9a)
In mehreren Bundesländern wurden bereits Ombudsstellen in freier Trägerschaft eingerichtet, die Leistungsempfänger beraten und bei der Realisierung ihres Leistungsanspruches gegenüber der Jugendhilfe unterstützen. Eine Finanzierungsverpflichtung von Ombudsstellen in allen Bundesländern halten wir für erforderlich.

 

Beratungsanspruch junger Menschen
Wir unterstützen die Streichung der Bedingung in § 8 Absatz 3 („wenn die Beratung auf Grund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist“). Es wird für Kinder und Jugendliche somit (auch wenn sie in Pflegefamilien oder Heimeinrichtungen leben) einfacher, Beratung unabhängig vom Sorgeberechtigten zu bekommen.

 

Unterkunft im Rahmen von Jugendsozialarbeit (§ 13 Absatz 3)
Die Unterbringung in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform während der Ausbildungs- oder Schulzeit (nach § 13 Absatz 3 SGB VIII), kann eine erzieherische Hilfe in Vollzeitpflege nicht ablösen oder ersetzen. Im Rahmen von Hilfeplanung muss die Kombination von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege und Unterbringung nach § 13 Absatz 3 erfolgen.
Nicht selten passiert es, dass Pflegekinder zur vorbereitenden Berufsbildung derartige Angebote als „Verselbstständigungsangebot“ erhalten, ohne umfassend auf die Folgen (z.B. Beendigung der HzE nach § 33 SGB VIII) hingewiesen zu werden.

 

Hilfeplanung
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Hilfeplanung, die sie selbst betrifft, halten wir für zwingend erforderlich. Diese hat in einer für das Kind angemessenen und wahrnehmbaren Form zu erfolgen.
Bei Hilfen außerhalb des Elternhauses halten wir es für zwingend erforderlich, dass schon ab dem ersten Hilfeplan eine Festlegung der Zielstellung – befristete Hilfe oder neuer Lebensort – erfolgt und dies auch über die Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst wird. Wir schließen nicht aus, dass es im Verlauf von Hilfen auch Änderungen der Lebensperspektive geben kann. Dokumentarisch nachvollziehbar sind diese Änderungen aber nur, wenn die prognostische Dauer von Beginn an erfasst wird.
Im Rahmen der Hilfeplanung sind interdisziplinäre Expertisen einzubeziehen. Die schriftliche Dokumentation des Hilfeplangespräches und der Hilfeplan als Verwaltungsakt sind den Betroffenen, inklusive des „Leistungserbringers“, nach einer verwaltungsüblichen Zeit (maximal 6 Wochen) zur Verfügung zu stellen. Im Hilfeplan ist der Zusammenhang von Hilfebedarf und Hilfeart erkennbar darzulegen.
Bei Vollzeitpflege sind im Hilfeplan Umfang und Unterstützung der Eltern sowie Umfang der Beratung und Unterstützung der Pflegeeltern aufzunehmen.
Übergangsmanagement

Die verbindliche Durchführung eines Übergangsmanagements mit dem 17. Lebensjahr (vgl. § 36f Arbeitsfassung vom 23.08.2016) halten wir für unverzichtbar und weisen darauf hin, dass die Hilfe für junge Volljährige eine Regelleistung ist.

 

Beratung und Unterstützung der Pflegeperson, örtliche Prüfung, Zusammenarbeit
Die im Arbeitsentwurf vom 23.08.2016 enthaltenen Formulierungen zu den §§ 37 und 37a unterstützen wir. Wir begrüßen das Recht auf Beratung für Eltern, deren Kinder in Pflegefamilien leben.

 

Leistungen zum Unterhalt
Wenn Pflegeverhältnisse zuständigkeitshalber wechseln besteht regelmäßig die Gefahr, dass der Betrag für die Erziehungsleistung ohne Veränderungen im Bedarf an die niedrigeren Sätze vor Ort angepasst wird. Im bisherigen Arbeitsentwurf ist die Formulierung „…soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.“ beibehalten worden. Zahlreiche Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zeigen dieses Problem auf. Hier wünschen wir uns eine deutlichere Formulierung, die der Sicherung der Hilfekontinuität dient.

 

Leistungen für junge Volljährige (§ 41)
Junge Volljährige haben einen Anspruch auf Fortsetzung geeigneter und notwendiger Leistungen zur Persönlichkeitsentwicklung. Wir schließen uns diesbezüglich den Stellungnahmen des Care Leaver Netzwerkes sowie der AGJ vom 29.09.2016 an.

 

Jugendhilfeausschuss, Landesjugendhilfeausschuss
Die Ergänzung im § 71 Absatz 5 („…., insbesondere auch von selbstorganisierten Zusammenschlüssen von jungen Menschen und ihren Familien, die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten, oder von Pflegepersonen.“) begrüßen wir.

 

Kinder- und Jugendhilfestatistik
Im Paragraf zur Kinder- und Jugendhilfestatistik vermissen wir folgende Erhebungsmerkmale:

  • Anzahl der Pflegefamilien
  • Unterscheidung bei vollstationären Leistungen und Vollzeitpflege nach der Zielstellung „neuer Lebensort“, „befristete Hilfe“ oder Bereitschaftspflege
  • Anzahl vorangegangener Inobhutnahmen pro Kind. (Bisher gibt es keine konkreten validierbaren Aussagen darüber. Oft sind allerdings sowohl Heimeinrichtungen als auch Pflegefamilien aufgefallen, dass sich Bereitschaftsunterbringun-gen für einzelne Kinder wiederholen.)
  • Anerkannte Schwerbehinderung (GdB) bei den Merkmalen der Kinder, für die Hilfe zur Erziehung geleistet wird. (Bisher werden in der Kinder- und Jugendhilfestatistik Merkmale erfasst, die Entwicklungs- und Teilhabechancen erschweren, zum Beispiel sozioökonomische Fakten wie soziale Transferleistungen, Migrationshintergrund, u.a. Das Vorliegen einer anerkannten Behinderung sehen wir als ein ebensolches Merkmal an.)

 

Runder Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände, 14.11.2016